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Ostbelgien für Einsteiger

Der Erste Weltkrieg (1914-1918)

31.08.2022
  • Labor
  • Ostbelgien für Einsteiger

Als der Erste Weltkrieg im August 1914 begann, zogen auch die Männer aus dem heutigen Ostbelgien im Deutschen kaiserlichen Heer gegen die Entente-Mächte wie Frankreich und Großbritannien in den Krieg. Auch sie marschierten in das neutrale Nachbarland Belgien ein, das durch diesen Krieg stark leiden musste: Sie waren Teil jener Kriegsmaschinerie, die Belgiens Neutralität verletzte, zahlreiche Städte niederbrannte, rund 6.000 Zivilisten tötete und tausende belgische Zwangsarbeiter nach Deutschland deportierte.

Seit 1815 gehörte das heutige Ostbelgien zum Königreich Preußen und seit 1871 zum Deutschen Kaiserreich, wo es die Kreise Eupen und Malmedy bildete. Die Bevölkerung identifizierte sich in ihrer Mehrheit mit der katholischen Kirche und ab Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend mit dem Königreich Preußen bzw. dem deutschen Nationalstaat. Nicht zuletzt trug hierzu der überspitzte Nationalismus dieser Zeit bei.

  • Michel_Pauly
    Michel Pauly
Meinung:

„Verglichen mit der Erinnerungskultur des Zweiten Weltkriegs, ist jene des Ersten Weltkriegs fast komplett abwesend in Luxemburg. Die Mahn- oder Denkmäler, die an den Ersten Weltkrieg in Luxemburg erinnern, können an einer Hand abgezählt werden, während fast jedes Dorf in Luxemburg wenigstens ein Mahn- oder Denkmal hat, das an den Zweiten Weltkrieg erinnert. Die luxemburgische Geschichtsschreibung interessierte sich bis in die 2000er Jahre nicht für die Aufarbeitung des Ersten Weltkrieges in Luxemburg. Persönlich muss ich sagen, dass beim Befragen älterer Mitmenschen mir bis jetzt auch niemand wirklich viel über diese Zeit erzählen konnte, da das Thema in der Zwischenkriegszeit und besonders nach dem Zweiten Weltkrieg kein Platz mehr in der luxemburgischen Gesellschaft gefunden zu haben scheint. Viele Erzählungen über Kriegsbegeisterung oder -ablehnung der luxemburgischen Bevölkerung zu Beginn oder während des Ersten Weltkrieges gibt es nicht, und die wenigen, die es gibt entstammen oft dem Reich der Legenden oder man hat noch nicht versucht sie wissenschaftlich zu belegen.“

Lange Zeit ging die Geschichtsforschung davon aus, dass die Bürger aller Länder, die am Krieg teilnahmen, den Ausbruch des Krieges begeistert begrüßten. Mittlerweile ist dieser Mythos relativiert worden. Man weiß, dass die Reaktionen sehr unterschiedlich ausfielen.

Auch in der regionalen Geschichtsschreibung dominierte das Bild der Kriegsbegeisterung. Doch war dem so? Einerseits ist Kriegsbegeisterung gegen den „Erbfeind“ Frankreich auch im Eupener Land und der Eifel nachweisbar, andererseits bereitete der Überfall auf Belgien den Menschen auch große Sorgen, weil er konkrete Kriegsgefahr für die Grenzregion bedeutete. Zudem bestanden vielfältige grenzübergreifende familiäre und freundschaftliche Verbindungen. Im nördlichen Teil des Gebiets, im Kreis Eupen (rund 27.000 Einwohner), lebten im Jahr 1913 genau 1.029 Belgier, im südlichen Teil, im Kreis Malmedy (rund 35.000 Einwohner) 318. Ein Teil der Bevölkerung war sicherlich zu Beginn des Kriegs begeistert, aber diese Begeisterung wich schnell dem harten Kriegsalltag. Aus dem kurzen Krieg wurde eine vierjährige Materialschlacht mit Millionen Toten. Vor allem 1916 und 1917 hungerten die Menschen in Europa aufgrund von Missernten. Jeder einzelne Bürger musste immer mehr Leistungen für den Krieg erbringen. Die Kriegspropaganda wurde immer intensiver. Als französische und britische Truppen 1919 die Kreise Eupen und Malmedy besetzten, wurde den Bewohnern klar, dass „ihr Vaterland“ den Krieg verloren hatte.

  • Adeline_Moons
    Adeline Moons
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    Jeroen Petit
Meinung:

„In Flandern gibt es nicht wirklich eine Erinnerungskultur um die Kriegsbegeisterung. Trotzdem wird natürlich häufig erwähnt, wie tapfer „poor little Belgium“ die allesvernichtende Kriegsmaschinerie des Deutschen Kaiserreichs für zwei Wochen aufhielt. International finden vor allem die Flanders Fields die meiste Beachtung, weil dort die Alliierten gegen die Deutschen standgehalten haben. Auch lebt die Erinnerung an die Gräueltaten der Deutschen weiter. Als Beispiel lässt sich das Niederbrennen der Universitätsbibliothek Löwen anführen. Ebenfalls ist die extreme anti-belgische Flämische Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg entstanden. Diese Bewegung entstand [u.a.], weil einsprachige französischsprachige Offiziere flämischen Regimentern zugeordnet worden waren.“