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Judenschmuggel

19.09.2022
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Man hört schwer atmende Personen. Ein offensichtlich älterer Herr berichtet von seinen Erfahrungen als Grenzschmuggler und Fluchthelfer an der deutsch-belgischen Grenze in den 1930er Jahren.

In dieser Zeit mussten hunderttausende Juden, Kommunisten oder Sozialisten vor dem Nationalsozialismus in Deutschland fliehen. Heute lebt der Mann nicht mehr. Das Dokument stammt aus den 1980er Jahren und wurde durch den freien Journalisten Gerd Pasch erstellt. Zum Glück, denn ansonsten wären die Erinnerungen dieses Mannes verloren.

Grenzübergreifende Kontakte

Quelle: Gerd Pasch/BRF

Die Quelle ist besonders interessant, weil sie kein klassisches Zeitzeugeninterview ist. Normalerweise begeben sich Historiker für Zeitzeugeninterviews an einen stillen Ort und hangeln sich entlang von Leitfragen.

Bei diesem Dokument ist das anders. Der ehemalige Grenzschmuggler geht mit seinen Begleitern durch die Landschaft. Immer wieder greift er Landschaftselemente auf und er beschreibt, wie sich diese auf seine Schmuggelaktivität auswirkten. Die Umgebung nährt seine Erinnerung und stimuliert seine Erzählungen.

Der Sprecher beschreibt die Fluchthilfe zwischen Rott, Roetgen, Schmithof, Raeren und Eupen. Er verhalf Menschen aus Deutschland und Österreich zur Flucht. Wie seine Aussagen einzuschätzen sind, kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden. Viele Menschenschmuggler halfen den Verfolgten nicht unbedingt aus Nächstenliebe zur Flucht, sondern beuteten sie aus. In den Jahrzehnten nach dem Krieg beschönigten sie ihre Taten.

Der Schmuggler zieht Parallelen zwischen den 1930er und 1980er Jahren. Er redet vom Menschenschmuggel während des Ersten Golfkriegs. Sowohl aus dem Iran als auch aus dem Irak flohen in den 1980er Jahren Menschen. Er ist sich nicht sicher, wie er die Lage bewerten soll. Das ist interessant, da er doch Jahrzehnte zuvor Menschen bei der Flucht geholfen und ihnen das Leben gerettet hatte. Warum er in den 1930er Jahren Menschen half und in den 1980er Jahren Menschenschmuggel zögerlich bewertete, können wir heute nicht mehr sagen. Dass es ihm beim Schmuggel in den 1930er Jahren um das Recht auf Leben der Verfolgten ging, ist wohl eindeutig.

Im 21. Jahrhundert ist Europa mit zunehmenden Flüchtlingsströmen aus Afrika, dem Nahen Osten und der Ukraine konfrontiert. Inwiefern kann man diese Fluchtbewegungen mit der Flucht der Juden, Sozialisten und Kommunisten aus dem Deutschland der 1930er Jahre vergleichen?