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Bildgeschichte

Nebelfahrten

6.09.2022
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Wo der Unfall passierte, hat der Fotograf uns nicht hinterlassen. Warum er passierte und ob es schlimmere Folgen als nur Blechschäden gab, verschweigt auch das Bild. Unsere Erfahrung lehrt uns aber, einen Grund in den Witterungsbedingungen zu vermuten. Dabei wurden als Ursachen für – tödliche – Verkehrsunfälle bereits 1962 im Grenz-Echo „gefährliches Überholen, übertriebene Geschwindigkeit, Verweigerung des Vorfahrtrechts, Unachtsamkeit, technisches Versagen, Schleudern, unachtsame Fußgänger, …“ (1) ausgemacht. Dies im Rückblick auf eine Septemberwoche, in der bei 1.251 Verkehrsunfällen in Belgien 196 Menschen schwer verletzt und 17 getötet wurden (2).

Seither ist viel geschehen.  2018 hat die Polizeizone Eifel eine strategische Analyse durch die Föderale Polizei – Dienst Unterstützung der Polizeipolitik – in puncto Verkehrsunfälle durchführen lassen. Im Drei-Jahres-Abschnitt 2015-2017 registrierte die Eifel-Polizei in der belgischen Eifel 1.109 Unfälle mit 59 Schwerverletzten und 8 Todesfällen (3).  Das sind zu viele.  Doch knapp 70 Jahre früher fiel die Bilanz im Erscheinungsbereich des Grenz-Echos (4) drastischer aus.  In den Jahren 1947-1949 wurden 29 Schwerverletzte und 35 Todesfälle im Straßenverkehr beklagt.  Die Anzahl Fahrzeuge war aber vergleichsweise außerordentlich gering: Waren in Deutschland 1950 beispielsweise  0,7 Millionen Pkw angemeldet, sind es 2018 über 45 Millionen.  Das bedeutet, dass der Anteil der Pkw 1950 bei nur 1,5 Prozent des heutigen Bestandes lag.

Der Fuhrpark im heutigen Ostbelgien macht laut belgischem Statistikamt mit 61.550 Fahrzeugen (Pkw, Lkw, u.a.) gut 0,83 % des motorisierten Landesbestandes aus.  Für 1950 nennt Statbel landesweit einen Fahrzeugbestand von 273.599 Pkw (5). Der Pkw-Bestand dürfte 1950 demnach in ganz Ostbelgien deutlich unter 900 Fahrzeugen gelegen haben.

Diese Zahlen helfen uns nicht nur Entwicklungen zu beschreiben. Es geht seit vielen Jahrzehnten vor allem darum, die Zahl der Schwerverletzten und Unfalltoten zu reduzieren.  Für alle Verkehrsbeteiligten.  Im Juli 1952 entstand unter dem Vorsitz des Staatsministers Georges Theunis Via Secura, eine Organisation, die sich der Schulung aller Verkehrsteilnehmer widmen sollte (6).

Doch selbst zehn Jahre danach, im Juni 1963, wusste Verkehrsminister Alfred Bertrand im Senat zu bilanzieren, „dass an der Fahrweise unserer Automobilisten etwas hapert“(7). Sein Gesetzentwurf zur Einführung des Führerscheins zielte auf den Mann am Steuer.  Für September 1964 in Aussicht gestellt (8), kam er ab Februar 1967 in Umlauf – für die Mehrheit ohne jegliche Prüfung.  Allein die 18- bis 21-Jährigen mussten eine theoretische Prüfung über die Verkehrsregeln ablegen.

Dabei wussten die Verkehrsbeobachter immer, dass diese Fahrerlaubnis nicht zwangsläufig nur gute Fahrer ausweist.  Auch andere Faktoren tragen zu mehr Sicherheit bei: die Erfahrung der Chauffeure, die Tauglichkeit der Fahrzeuge, das Verkehrsaufkommen, die Gesetzgebung, die Verkehrsbeobachtungen und -kontrollen und natürlich die Straßen- und Witterungsverhältnisse. Selbst das autonome Fahrzeug wird Unfalltote nicht verhindern können (9). Und wie sich ein Gefährt – im wahrsten Sinne des Wortes – automobil in Nacht und Nebel zu verhalten hat, wird der Mensch ihm noch beibringen.

Alfred Rauw
Aus ZVS, 2019/10 , S. 228-229.

(1) Die Verkehrsunfälle der Vorwoche, in: GE, 25.09.1962

(2) Bei 1.251 Verkehrsunfällen wurden 17 Menschen getötet und 196 schwer verletzt.

(3) Auszug aus der Datenauswertung 2018 – Mit Dank für die Genehmigung zur Veröffentlichung durch den Chef der Polizeizone Eifel.

(4) Bilanz aufgrund der Angaben in den Jahreschroniken des Grenz-Echos.

(5) Siehe: statbel.fgov.be/de/themen/mobilitaet/verkehr/fahrzeugbestand (Abfrage: 18.04.2019)

(6) GE, 05.07.1952

(7) GE, 06.06.1963

(8) GE, 04.06.1964

(9) Am 19.03.2018 verletzte ein autonomes Fahrzeug in Tempe/Arizona eine Fußgängerin tödlich.